Es gibt grundlegende Basisprinzipien, welche die Sicherung der Existenz und die Entwicklung von Organisationen begünstigen. Diese Prinzipien gelten unabhängig von Branche, Grösse, Geschäftsmodell oder Entwicklungsphase einer Organisation. Deren Beachtung stelle in Organisationen eine Basisstabilität her, auf der die weitere Entwicklung „im Fluss“ in Angriff genommen werden kann. Hintergrund sind systemische Gesetze[1].

Anerkennen, was ist

Anerkennen, was ist, ist ein wichtiger Grundsatz für prosperierende Organisationen. Es zeigt die Gesundheit und Regenerationsfähigkeit eines Systems an, wenn sein darf, was ist. Dieser Grundsatz gilt auch für Menschen, die sich nur zu gerne selbst belügen. Gandhi sagte: „Die Fähigkeit der Menschen, sich selbst zu täuschen, ist unermesslich grösser als die, andere zu täuschen.“

Schlägt diese menschliche Eigenschaft ihre Wurzeln in Organisationen, so wird vieles schief laufen. In Organisation geht es darum, dass man ehrlich, offen und transparent die Dinge anspricht und löst. Das Gleiche gilt auch für Differenzen im persönlichen Bereich. Sich nichts vormachen, klar sein in der Sache und sich der Wahrheit verpflichtet fühlen. So ist schon vieles richtig gemacht.


Der Ausgleich von Geben und Nehmen

In Organisationen muss – wie bei Individuen – ein Ausgleich zwischen Geben und Nehmen vorhanden sein. Mit Ausgleich ist folgendes gemeint: Ein subjektiv, bewusst wahrgenommenes aber auch unbewusst erfahrenes Gleichgewicht zwischen dem, was ein Individuum oder eine Subeinheit (z.B. ein Team) der Gesamtorganisation gibt, und was sie dafür von ihr zurückerhält. Im Anhang sind einige Bespiele aufgeführt, welche erhellen, was darunter konkret zu verstehen ist.


Die Beachtung der Bedingung für die Zugehörigkeit zu einer Organisation

Eine Organisation definiert sich durch Zugehörigkeit (wer gehört dazu und wer nicht). Die Zugehörigkeit wird durch Regeln festgelegt. Verstösse gegen diese Regeln können zu Störungen führen. Regeln für die Zugehörigkeit sind:

  • Explizite Vereinbarungen wie z.B. Arbeitsverträge und Reglemente
  • Implizite Vereinbarungen und Konventionen (z.B. Kleiderordnung, Sportlichkeit, …)

Aufgrund dieser Regeln kann festgestellt werden, wer zu einer Organisation dazugehört und wer nicht. Es gilt das Prinzip, dass niemand, der zur Organisation dazugehört, ausgeschlossen werden darf.

Kommt es zu ernsthaften Regelverstössen, so kann ein Mitglied durch Kündigung ausgeshlossen werden. Ungerechtfertigte Kündigungen führen zu Systemstörungen. Die Organisation reagiert, als hätte sie ein Gedächtnis und es ist möglich, dass an der betroffenen Arbeitsstelle langfristig laufend Probleme entstehen (z.B. übernehmen die nachfolgenden Mitarbeitenden Vergangenes und bringen evtl. die Leistung nicht etc.).


Die Gründung einer Organisation

Der/die Gründer einer Organisation etablieren diese. Sie haben durch ihre Leistung dafür gesorgt, dass eine Organisation überhaupt existiert und den heutigen Mitarbeitenden ermöglicht, in dieser Organisation tätig zu sein. Gründer sind für diese Leistung zu würdigen. In diesem Sinne gehören sie immer – auch wenn sie nicht mehr im Betrieb arbeiten oder gestorben sind – dazu.

Ein Betrieb tut gut daran, den/die Gründer präsent zu halten und sie dadurch zu würdigen. Dies kann man tun, indem man z.B. in einem gut zugänglichen Bereich die Anfänge der Organisation mit dem/den Gründen sichtbar macht.


Würdigung der Beiträge zum Wachstum einer Organisation

Wächst eine Organisation, so kommen immer mehr Mitarbeitende dazu. Diejenigen, die schon da waren, müssen Raum frei machen für die Neuen, damit sich diese entfalten können. Dafür müssen die, die vorher da waren, gewürdigt werden. Ältere Mitarbeitende haben den Vorrang vor jüngeren Mitarbeitenden. Dies ist ein implizites Organisationskriterium. Die Würdigung kann auf zwei Ebenen erfolgen. Indem einerseits die Unternehmung selber langjährige Betriebszugehörigkeit würdigt (Jubiläen) und indem andererseits jüngere Mitarbeitende anerkennen, dass es Mitarbeitende mit längerer Betriebszugehörigkeit gibt. Mit dieser Anerkennung sichern sie sich auch die Unterstützung der Älteren.


Würdigung des Beitrags zur Stärkung einer Organisation

Die Organisationen müssen reifen und stärker werden, um sich weiterentwickeln und im Wettbewerb bestehen zu können und auch einmal in der Lage zu sein, Krisen zu bewältigen. Hier gilt es zwei weitere Prinzipien zu beachten. Einerseits das Prinzip des Vorrangs des höheren Einsatzes und andererseits das Prinzip des Vorrangs der höheren Fähigkeiten und Leistungen.


Prinzip des Vorrangs des höheren Einsatzes

„Damit Systeme nicht durch innere Auseinandersetzungen geschwächt werden, ist es wichtig, dass der Einsatz des Einzelnen gewürdigt wird, damit sich stabilisierende Kräfte entwickeln können und nicht durch innere Kämpfe aufgerieben werden.“[2]


Prinzip des Vorrangs von höheren Fähigkeiten und Leistungen

Organisation leben von den kumulierten Fähigkeiten und Leistungen von Mitarbeitenden. Überlegene Leistung muss gebührend durch Wertschätzung anerkannt werden. Dadurch reifen diese Organisationsmitglieder und können ihre Leistung zugunsten der Organisation noch weiter verstärken. Weitere Menschen mit Leistungskompetenz werden angezogen.


System Fortpflanzung

Es kommt immer wieder vor, dass Organisationen für ihre Entwicklung Tochtergesellschaften gründen, die im Rahmen des Ganzen spezielle Funktionen haben, z.B. den Verkauf der Produkte der Muttergesellschaft im Ausland, Herstellung von spezifischen Leistungen und so weiter. Hier gilt das Prinzip, dass die jüngere Organisation, die sich aus der älteren fortgepflanzt hat, den Vorrang vor der älteren hat. Das ist nötig, weil die neue, noch schwache Organisation geschützt werden muss, damit sie sich entwickeln und kräftigen kann.


Die Gesamtschau der Prinzipien

Die systemischen Gesetze besagen, dass folgende Hierarchien der Prinzipien gelten.

In einer Organisation ohne ausgegründete Tochtergesellschaften gilt somit die folgende Hierarchie:

  1. Das Zugehörigkeitsprinzip + Anerkennen was ist + Ausgleich von Geben und Nehmen
  2. Der Vorrang der früheren vor den späteren Mitarbeitenden.
  3. Der Vorrang des höheren Einsatzes für das Unternehmen.
  4. Der Vorrang der höheren Fähigkeiten und Leistungen.


Praktische Anwendung

Würdigungen im Team

Stellt man Rangfolgen von Teams mit Hilfe von Organisationsaufstellungen auf, so ergeben sich – in Übereinstimmungen mit den vorstehend gemachten Ausführungen – in der Regel folgende Rangfolgen.

In der Regel steht der Ranghöchste, also der Teamleiter, ganz rechts und nach links in Übereinstimmung mit den vorgenannten systemischen Gesetzen stehen die weiteren Teammitglieder. In dieser Form erfolgt die Würdigung.


Innerhalb der Familie

In der Familie ergibt sich ein analoges Bild. Es ist durchaus auch möglich, dass die Mutter ganz rechts steht, wenn sie anstelle des Vaters für den Erwerb und das Überleben der Familie sorgt.

Führen vom letzten Platz aus

Nehmen wir an, eine junge Führungskraft stösst neu zu einer Firma und übernimmt eine Abteilung von einem Chef, der die Führung lange Jahre erfolgreich innegehabt hat. Die Direktgeführten sind mehrheitlich auch ältere Menschen und schon viele Jahre an Bord. Der junge Chef wird gut daran tun, zunächst die Abteilung „vom letzten Platz aus“ zu führen. Mit einer solchen Haltung würdigt er automatisch diejenigen, welche schon viel länger da sind oder mit ihrem Engagement und ihren Fähigkeiten viel für die Entwicklung der Abteilung geleistet haben.


Wer ist der Kronprinz respektive wer ist die Nummer 2?

Man kann Rangfolgen somit auch aus Sitzordnungen ablesen. Wer sitzt regelmässig links des Geschäftsführers? Derjenige, welcher die Rolle der Nummer 2 hat, unabhängig, ob er es im Organigramm auch ist oder nicht.

[1] Siehe ausführliche Darstellung bei Insa Sparrer: Wunder, Lösung und System (2002) S. 114 ff.
[2] Insa Sparrer, Wunder, Lösung und System (2002), Seite 118