In einer Zeit, in der sich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen rasant verändern, stehen Führungskräfte vor zahlreichen Herausforderungen. Globalisierung, Digitalisierung und die zunehmende Komplexität der Arbeitswelt erfordern nicht nur Branchenkenntnisse und technisches Know-how, sondern auch eine neue Art von Führung. Der Spagat ist enorm: Kundenfokus halten, innovativ sein und bleiben, gute Kostenstrukturen erreichen und halten und gleichzeitig das Wohl der Mitarbeitenden und der Gesellschaft angemessen berücksichtigen. Traditionelle, hierarchische Führungsprinzipien stossen dabei zunehmend an ihre Grenzen, da sie oft zu starren Strukturen und zu schwach motivierten Teams führen. Zudem hat die jüngere Generation einfach andere Vorstellungen und Erwartungen an die Vorgesetzten und die Art und Weise der zusammenarbeit. In diesem Kontext gewinnt der Ansatz von Servant Leadership, der Führungskräften ein anderes Angebot als die klassischen Führungsstile macht, an Bedeutung, um den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden.

Was ist Servant Leadership?

Servant Leadership, zu Deutsch „dienende Führung“, wurde in den 1970er Jahren von Robert K. Greenleaf entwickelt. Im Kern dreht sich dieses Konzept um die Idee, dass Führungskräfte in erster Linie dazu da sind, ihrem Team zu dienen. Anstatt die Macht und Kontrolle zu zentralisieren, fördert Servant Leadership eine Kultur der Empathie, des Zuhörens und der Unterstützung. Servant Leaders konzentrieren sich darauf, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden zu erkennen und zu erfüllen, um deren Potenzial voll auszuschöpfen und gleichzeitig die Ziele der Organisation zu erreichen sowie Aspekte der Gesellschaft zu berücksichtigen.

Wesentliche Charakteristika von Servant Leadership

  1. Führen mit den Herzen: Servant Leadership kann nur gelingen, wenn Führungskräfte in der Lage sind, mit dem Herzen zu führen. Das Herz führt nicht nur die Mitarbeitenden, sondern auch den eigenen Verstand. Das führt zu echten, empathischen, zwischenmenschlichen Beziehungen.
  2. Zuhören: Ein Servant Leader versteht die Perspektiven und Bedürfnisse seines Teams, seines Unternehmens und seiner Kunden. Durch aktives Zuhören wird eine offene Kommunikation gefördert, was zu einem tieferen Verständnis und einer stärkeren Bindung führt.
  3. Inspirieren und Förderung des Wachstums: Servant Leaders sehen die Entwicklung ihrer Mitarbeitenden als eine ihrer Hauptaufgaben. Sie investieren in Weiterbildung, Mentoring und Coaching, um das individuelle und kollektive Potenzial zu entfalten. Sie inspirieren, befähigen und delegieren.
  4. Dienen in Demut und Bescheidenheit: Anstatt Macht zu demonstrieren, leben insprierende, diendende Leader Demut und Bescheidenheit und dienen. Sie teilen Erfolge mit den Teams und übernehmen Verantwortung für Misserfolge.
  5. Gemeinschaftsbildung: Die Förderung eines starken Gemeinschaftsgefühls innerhalb der Teams ist zentral. Ein Servant Leader schafft ein Umfeld, in dem sich alle Mitglieder als Teil eines grösseren Ganzen fühlen.
  6. Ethisches Handeln: Servant Leaders handeln stets im besten Interesse aller Beteiligten und orientieren sich an hohen, ethischen Standards. Entscheidungen werden nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Profits getroffen, sondern auch unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf Mitarbeitende und Gesellschaft.
  7. Zuerst den Kontext ändern: Servant Leaders kennen die systemischen Gesetze und wissen, dass der Kontext den Content bestimmt. Priorität in ihrem Handeln hat deshalb die Veränderung des Kontextes dahingehend, dass sich die Organisation und die Prozesse so verändern, damit sich Servant Leadership auch entfalten kann.

Stärken des Servant Leaderships 

  1. Höhere Mitarbeiterzufriedenheit: Durch die starke Fokussierung auf das Wohl der Mitarbeitenden führt Servant Leadership zu höherer Zufriedenheit und Motivation und damit zu besseren Leistungen im Team.
  2. Förderung von Innovation: Ein Umfeld, das auf Vertrauen und Unterstützung basiert, ermutigt Mitarbeitende dazu, kreativ zu sein und neue Ideen einzubringen und auch umzusetzen.
  3. Langfristige Stabilität: Servant Leadership fördert eine nachhaltige Entwicklung, da die Mitarbeiterbindung und das Engagement steigen, was zu einer geringeren Fluktuation und einer stabileren Arbeitsumgebung führt.
  4. Bessere Teamarbeit: Durch die Betonung der zwischenmenschlichen Beziehungen und der empathischen Zusammenarbeit verbessert Servant Leadership die Teamdynamik und fördert eine offene und kooperative Unternehmenskultur.
  5. Höhere Arbeitsproduktivität: Beispiele aus der Praxis zeigen, dass gut umgesetzte Servant Leadership zu einer höheren Arbeitsproduktivität und damit zu tieferen Kosten als klassische Führungsmodelle führt.

Schwächen von Servant Leadership

  1. Zeitintensiv: Die Umsetzung von Servant Leadership erfordert Zeit und Geduld, da der Aufbau einer unterstützenden und entwicklungsorientierten Kultur sich entwicklen muss.
  2. Missbrauch von Vertrauen: In einem Umfeld, das stark auf Vertrauen baut, besteht das Risiko, dass Mitarbeitende dies ausnutzen und ihre Aufgaben nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit erfüllen.
  3. Gefahr der Überforderung: Sofern inspirierende, dienende Leader nicht in einen ensprechenden State sind laufen Gefahr, sich selbst zu überlasten, indem sie versuchen, den Bedürfnissen aller gerecht zu werden.
  4. Verkennen der Relevanz der Systemtheorie: Wenn Führungskräfte nicht erkennen, dass sie primär die Räume und den Kontext schaffen müssen, damit sich die Mitarbeitenden entfalten können, wird Servant Leadership nicht funktionieren.

Führungskräfte mit einem entsprechenden State sind notwendig: Die Schwächen der oben genannten Punkte 1 bis 4 können abgemildert oder gar eliminiert werden, wenn die Führungskräfte einen entsprechenden State haben. In einem separaten Artikel werde ich später auf dieses wichtige Schlüsselthema von Servant Leadership eingehen.

 Fazit zu Inspiring Servant Leadership

Inspirierende, dienende Leadership ist ein moderner Führungsansatz, der den Anforderungen unserer Zeit gerecht wird. Er stellt das Wohl der Mitarbeitenden in den Mittelpunkt und fördert primär über den Kontext eine nachhaltige und unterstützende Unternehmenskultur. Trotz seiner Herausforderungen bietet dieses Führungskonzept die Möglichkeit, langfristig sehr erfolgreich zu sein und gleichzeitig tief menschlich zu führen. Führungskräfte, die bereit sind, diesen Weg zu gehen, können sowohl das Potenzial ihrer Mitarbeitenden als auch das ihrer Organisation voll ausschöpfen und zu neuen Ufern aufbrechen.

Die Chancen für die Umsetzung sind besser, wenn der CEO (mit dem entsprechenden State und Fähigkeitsprofil) Inspiring Servant Leadership über die ganze Organisation ausrollt, denn durch die Einführung von Servant Leadership transformiert sich auch die Kultur eines Unternehmens.